Kein Aus für Seegraswiesen: Neues Forschungsprojekt an der Meeresschule Pula
Seegraswiesen sind im Mittelmeer stark rückgängig. Sophie, Studentin der Universität Graz, untersucht an der Meeresschule Pula, wie sich Seegras wiederansiedeln lässt.
Text und Schnitt: Rebecca Gahr, Fotos und Video: Sophie Lorber
Seegras wie etwa das sogenannte Neptungras ist im Mittelmeer stark bedroht. Grund dafür sind die Verschmutzung der Ozeane, unregulierte Fischerei und Schifffahrt und nicht zuletzt die Klimakrise. Denn die sehr langsam wachsenden Wasserpflanzen reagieren extrem sensibel auf die Erwärmung des Meerwassers. „Die Todesrate des Neptungrases verdreifacht sich, wenn die maximalen Wassertemperaturen um nur drei Grad ansteigen“, warnt ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Nature Climate Change“. Bereits jetzt lässt sich ein starker Rückgang erkennen. Mit dem Verschwinden des Seegrases geht nicht nur wertvoller Lebensraum verloren, denn es trägt auch zur Stabilisierung des Meeresbodens und Eindämmung des Klimawandels bei. Sophie erklärt:
„Die Bedeutung von Posidonia oceanica als Kohlenstoffsenke wird einem erst richtig bewusst, wenn man in Betracht zieht, wie groß und alt viele Seegraswiesen im Mittelmeer sind. Das Rhizomgeflecht von Posidonia oceanica-Wiesen wird tausende Jahre alt und kann mehrere Meter dick werden. Die oft tausende Hektar großen Seegraswiesen im Mittelmeer binden so jährlich etwa 1.000 Millionen Tonnen Kohlenstoff und tragen somit gegen die Übersäuerung und Erwärmung der Ozeane bei.“
Posideonia Oceanica Wiesen werden zwar riesengroß und uralt, aber der Weg dorthin ist lang. Die Entstehung einer neuen Seegraswiese dauert hunderte von Jahren. Deshalb ist die Zerstörung der Wiesen so fatal. Jährlich wird ein Rückgang von 2 bis 5 Prozent dokumentiert
Um dem entgegenzuwirken hat Sophie ihr Projekt zu Wiederansiedlung von Seegraswiesen gestartet. Auf die Idee kam sie während eines sechswöchigen Praktikums an der Meeresschule Pula. „Im Mittelmeer gibt es aktuell zahlreiche Projekte, die versuchen, die Seegraswiesen zu schützen oder sogar wiederanzusiedeln“, erklärt die Lehramtstudentin. Die meisten haben aber Nachteile: Sie sind stark invasiv, bringen noch mehr Kunststoffe ins Meer, zerstören das bestehende Ökosystem in einer Bucht oder sind extrem kosten- und zeitaufwendig. Wie dieser Vorgang ganz ohne künstliche Anker und Befestigungsmethoden funktionieren kann, versucht Sophie deshalb mit ihrem Projekt zu erforschen.
Um herauszufinden unter welchen Bedingungen die Pflanzen am besten wachsen können, braucht sie aber Samen. Eine Herausforderung, denn die Samen des Neptunseegrases sind äußerst selten, weil nur 3 Prozent der Seegraswiesen im Mittelmeer überhaupt blühen und Samen ausbilden. Umso erfreuter sind sie und Gerwin, der das Projekt mitbetreut, als Kolleg*innen von der Biostation Mali Losinj bei einem Besuch an der Meeresschule Samen und Sprösslinge des Neptungrases im Gepäck haben. „Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch kaum etwas über Seegras. Aber weil ich die kleinen Pflänzchen einfach wirklich süß fand, dachte ich mir: ‚Ausgezeichnet – das übernehme ich!‘, hab die Pflänzchen in ein Meerwasser-Aquarium gesteckt und mich einmal in das Mittelmeerseegras Posidonia oceanica eingelesen“, erinnert sich die Studentin. Aus dem „ersten Einlesen“ wird später ein Forschungsprojekt und eine Masterarbeit werden.
Infrastruktur: Boote
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