Ewiges Leben bei minus 196 Grad Celsius
…What means cryopreservation expressed with two words: „ETERNAL LIFE“… So beginnt Prof. Akos Horvat seinen spannenden Vortrag an der Meeresschule
Text+Fotos: Gerwin Gretschel
Ein Forschungsteam bereitet ein ganz spezielles Kältebad für Austernlarven an der Meeresschule. Die Larven der Europäischen Auster (Ostrea edulis) sollen in einem computergesteuerten Gefrierprozess auf minus 40 Grad Celsius super-cooled werden, um dann im flüssigen Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius in einen ewigen Kälteschlaf versetzt zu werden.
Das Team rund um Dr. Akos Horvath (ungarischer Projektkoordinator – Ungarische Uni MATE Agriculture & LifeScience) und Dr. Ana Gavrilovic (kroatische Projektkoordinatorin – Uni Zagreb Faculty of Agriculture) hatten bereits große Erfolge in einer Anlaufphase des Projektes und wollen nun an der Meeresschule die Methode perfektionieren. Falls in einem anschließend Tauprozess möglichst viele der kleinen Tierchen wieder zum Leben erwachen, dann waren die Versuche erfolgreich.
Die Methode ermöglicht es, die Larven von einigen Meerestieren für alle Ewigkeit zu bewahren. Das kann zum Beispiel von enormer Bedeutung bei bedrohten Arten sein oder bei Arten, die für den Menschen einen großen Wert haben, weil sie in Marikulturen gezüchtet werden. Das ist jedenfalls bei unserer Auster der Fall. Sie wurde in den letzten Jahren nicht nur von der amerikanischen Auster aus dem natürlichen Lebensraum im Mittelmeer verdrängt, sondern ihre Bestände könnten auch in den Austernzuchten gefährdet sein.
Ein Computer kontrolliert den langsamen Gefrierprozess, damit in den Zellen der Austernlarven nur winzige Eiskristalle entstehen, welche die Zellstruktur und die molekularen Bestandteile der Tierchen nicht zerstören. Nur so gibt es eine Chance, dass die Larven wieder zum Leben erwachen, wenn sie aufgetaut werden
Zigtausende Larven werden einigen Austern entnommen. Die Muscheln stammen aus einer Austernzucht im Limski-Kanal zwischen Rovinj und Pula. Prof. Jurica Jug-Dujakovic erzählt uns, dass eine Auster im Einkauf an die 2 Euro kostet. Das überrascht uns sehr. Wir erfahren, dass Jura ein begnadeter Koch ist. Er wird die Tiere später für uns zubereiten, nachdem sie für die Wissenschaft ihr Leben lassen mussten.
Bloß nicht mit dem flüssigen Stickstoff in Berührung kommen. Die Finger würden in Sekundenbruchteilen zu Eis gefrieren. Dieser Prozess wäre nicht mehr rückgängig zu machen. Akos Horvath (rechts im Bild) erzählt uns, dass Fischlarven bis jetzt leider nicht erfolgreich kryokonserviert werden konnten. Das wäre ein Traum für die Wissenschaft und würde garantiert mit einem Nobelpreis belohnt werden, meint Akos.
In kleinen Glasröhrchen werden die Larven vorbereitet zum Einfrieren. In jedes Röhrchen kommen an die 30.000 Larven.
Nach gut 24 Stunden Gefrierkonservierung bei minus 196 Grad kommt der Augenblick der Wahrheit: Wir tauen die Larven auf. Werden sie sich wieder bewegen? Werden sie wieder ins Leben zurückkehren?
Experiment geglückt – Patient NICHT tot. Die Larven beginnen sofort wieder, munter in der Glasschale umherzuschwimmen. Gut 80-90% der Tierchen konnten den Gefrierprozess unbeschadet überdauern. Ewiges Leben ist möglich! Wir freuen uns riesig.
Ein sehr erfolgreiches Projekt geht an der Meeresschule fürs Erste zu Ende. Die verantwortlichen Koordinatoren Akos und Ana würden sich freuen wenn es an der Meeresschule ein Wiedersehen in weiteren Projektphasen gibt…
Das engagierte Team von links nach rechts:
Nevena Kitanovic (PhD student), Reka Balogh (PhD student), Prof. Akos Horvath (PhD), Assoc. Prof. Ana Gavrilovic (PhD), Gerwin (meine Wenigkeit), Prof. Jurica Jug-Dujakovic (PhD)
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